Zum Tode von Kemal Kurt
Ein kurzer Nachruf von
HANS JOACHIM NAUSCHÜTZ
Veröffentlicht in:
Neues Deutschland, Frankfurt/Oder, 26./27.10.2002, S. 12.
Gestern noch blätterte ich in einem seiner letzten Bücher, "Der Chinese von Schöneberg". Jetzt erfahre ich, dass Kemal Kurt am 21.10. plötzlich nach kurzer Krankheit verstorben ist.
In unseren Konferenzen, in denen wir über Nutzen und Frommen von Kinder- und Jugendliteratur stritten, saß er in der Regel still und hörte konzentriert zu. Selten beteiligte er sich an der Diskussion. Wenn er sprach, dann kurz, und Leidenschaft lag in seinen Worten. Er hatte eine Erfahrung, mit der wir nicht aufwarten konnten:
Er schrieb als Türke auch in deutscher Sprache, und seine sprachlichen Mittel entstammten dem Orient. Er schöpfte aus zwei Kulturen. Er war ein Mittler und heftiger Streiter für Toleranz. Am 29. Oktober wäre er 55 Jahre alt geworden.
Kemal Kurt, der in Ankara und Miami studierte und an der TU Berlin promovierte, lebte seit 1975 in Berlin. Seine Prosa ist von poetischem Zuschnitt, von kräftigem Geruch, von angenehmem Duft. Den Kindern wird er fehlen - und uns, seinen Kollegen.