Kemal
Kurt
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Was ist die Mehrzahl von Heimat?

Was ist die Mehrzahl von Heimat?
Bilder eines türkisch-deutschen Doppellebens
rororo Aktuell, Reinbek 1995
190 Seiten; 6,00 EUR
ISBN 3-499-13520-5

Bestellung nur noch möglich bei:
Der Arabische Almanach
Muskauer Str. 4, 10997 Berlin
Tel: (030) 61 28 03 59; Fax. (030) 61 28 03 62
eMail: edition_orient@web.de

Prospekttext

Eine Reise in die Türkei wird zum Ausgangspunkt einer literarisch-essayistischen Bilanz. Eine Heimat und eine andere Heimat ergaben keine neue, auch nicht zwei Heimaten - was ist also die Mehrzahl von Heimat? "Zurück in Aytepe" erlebt der Autor die Widersprüche seiner inneren und äußeren Existenz – Entfremdungen, Verwerfungen, aber auch glückliche Momente von Vertrautheit und Gemeinsamkeit – und setzt sich zugleich mit den Widersprüchen Deutschlands und Europas auseinander. Die Erzählungen und Reflexionen Kemal Kurts, Alltagsbeobachtungen, Kindheitserinnerungen, geschichtliche Rückblicke, literarische Streifzüge und zeitkritische Kommentare sind zugleich eine scharfsinnige Auseinandersetzung mit den Vorurteilen und Ambivalenzen, die das deutsch-türkische Verhältnis prägen.



Textprobe

Jahr für Jahr, all die Jahre, jeden Sommer. Jedesmal das gleiche, und immer wieder anders. Bekannt und wie fremd doch, alt und von neuem erlebt: die jährlichen Besuche am Ort meiner Kindheit, am Ort meiner Geburt.
Das Flugzeug, eine stählerne Möwe, kreist über dem Meer. Schwingende Tragflächen, jaulende Motorbremse. Das Räderwerk fährt aus. Ein dumpfer stoß: wir haben Fuß gefaßt. Die Arterien verknoten, die Körpersäfte ziehen sich zurück. Auch den Kindern, meinen beiden Töchtern, sieht man den Kloß im Hals an. Es ist eine Weltenüberquerung; ein Bein noch in der alten Welt, eins schon in der neuen. Wir zaudern, wir versuchen, zu einer Art Gleichgewicht zu finden – auf einem Bein steht es sich schlecht. Zögernd ziehen wir das andere nach: willkommen in der Türkei.

Oft bin ich an dieser Küste gewesen, ein Steinwurf von der Stadt entfernt, in der ich aufwuchs. Jedesmal mit gemischten Gefühlen. Jedesmal mit der Ambivalenz dessen, der seinen Standort nicht beschreiben, seine Zugehörigkeit nicht definieren kann. Keine Frage, besser aufgehoben bin ich hier. Bleiben aber werde ich wohl nicht.
Einmal zog ich aus, um die Welt zu umwandern. Ich nahm die E 5, die mich nach Çorlu zurückbrachte. Zuhause ist, wo man nicht ist, sagte ich mir und flog dicht an die Sonne. Aber eines weiß ich: Auch wenn mich die E 5 immer wieder zurückbringt, bleiben werde ich nicht. Nirgends werde ich bleiben. Denn Menschen haben keine Wurzeln, sie haben Beine.


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Rezensionen

Die Brücke
Helmut Esslinger

... Und gerade diese Spannbreite macht sein Buch spannend und interessant, denn sie spiegelt sich in jedem Kapitel: Immer werden Grenzen überschritten, wird der Horizont auch der Leser des Buches erweitert. Kemal Kurts Sprache, ohne Worthülsen und aufgeblähte Phrasen, ist direkt und läßt den Leser über das Medium Buch mit dem Autor kommunizieren, seine Erfahrungen nacherleben oder auch kritisch hinterfragen, führt zum Nachdenken über die eigene Geschichte.
... Interkulturelles Lernen in einer multikulturellen Gesellschaft ist die Aufgabe, vor der wir an der Schwelle zum 21. Jahrhundert stehen. Denn das Beharren auf nationaler, ethnischer, kultureller usw. Eigenständigkeit oder gar Superiorität führt zum Ruin, zum Völkermord. Das wird uns in Kriegen, wie z.B. im ehemaligen Jugoslawien oder in Tschetschenien, in aller Grausamkeit vor Augen geführt. Gegen das Nationaldenken und gegen den Ethnizismus, eine verbrämte Form des Rassismus, müssen wir eine Erziehung zum Universalismus und zur Weltzivilisation setzen. Das vorliegende Buch von Kemal Kurt kann hierzu beitragen, weil es das Denken aus der Provinzialität von Nation und Ethnie herausführt und den Horizont erweitert; weil es Emphatie, Einfühlungsvermögen in die Lebens- und Erfahrungswelt anderer vermittelt.
... Es eignet sich vortrefflich für die Lektüre in Gesellschaftslehre der Sekundärstufe II, denn es bietet keine fertigen Antworten, sondern regt zum Fragen und Suchen nach individuellen wie gesellschaftlichen Lösungen an. Und außerdem: Es ist lebendiger geschrieben als manch anderes Buch, das sich zum Thema Türkei in Schulbibliotheken befindet.



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