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Die Sonnentrinker

Die Sonnentrinker
Altberliner Verlag, Berlin · München 2002
Jugendroman, 200 Seiten, Hardcover
Titelgestaltung: Peter Tschauner
€ 12,50 (D), € 12,90 (A), sF 22,10
ISBN 3-357-00519-0

Prospekttext des Verlages

Was heißt Piff Paff?, will sein Vater von Hakan wissen. Ein naiver Gutmensch, der hinterm Mond lebt, findet Hakan. Schnell muss man sein und niemand eine Antwort schuldig bleiben! Hakans Vater aber hüllt sich in Schweigen und verschwindet eines Tages ganz. Hakan macht sich auf die Suche ― nach dem Menschen, der sein Vater ist, und nach sich selbst.
Ein weises Buch über Vorurteile und andere Irrtümer.

Was tun fürs Glück wollen Hakan und seine Freunde. Begeistert spinnen sie darauf hin, eines schönen Tages ein Café mit Livemusik zu eröffnen. Leider sind sie mit ihren sechzehn Jahren noch zu jung. Aber was sind schon zwei Jahre.
Hakan, in Berlin aufgewachsen, hat sein Leben eben gut im Griff, umso verständnisloser blickt er auf seinen so wenig tüchtigen Vater, der vor vielen Jahren von der Türkei nach Deutschland eingewandert ist. Eine freud- und farblose Unschuld, nicht zum Herzeigen, nicht mal zum Angeben. Sogar das Schimpfen hat sein Vater verlernt, weil er nicht richtig Deutsch spricht. Gebetsmühlenartig empfindet Hakan seine Vorwürfe, unsinnig seine Ängste. Sensibel, differenziert und humorvoll greift der Autor Kemal Kurt eine brisante Variante des Konflikts zwischen den Generationen auf. Er zeigt, dass türkisch nicht gleich türkisch und Islam mehr ist als heiliger Krieg. Es kommt immer auf den Menschen an - und seine Träume.

"... voll augenzwinkernder, unaufdringlicher Weisheit, der selbst hartgesottene Berliner Jugendliche erliegen werden ..."



Textprobe

Mit zwei Queues, die in seinen Pranken wie Streichhölzer wirkten, erschien nun der Koloss selbst am Durchgang und scannte mit seinen viel zu kleinen Knopfaugen den Raum. Sein Blick schweifte weiter, weiter, weiter, bis er an Hakan haften blieb.
Meat Loaf ist der Boss, blitzte es Hakan durch den Kopf, alle haben auf ein Zeichen von ihm gewartet. Jetzt geht es los. Wahib, beeil dich! Wie aber sollte der ahnen, dass sich die Lage drinnen so zugespitzt hatte?
Der Fleischberg kam ins Rollen, mit seitlich ausholenden Schritten bewegte er sich auf Hakan zu. Offenbar kniff die Hose im Schritt, ließ keine andere Gangart zu. Etwa einen Meter von Hakan entfernt blieb er stehen und stieß eines der Queues auf den Boden. Aus der Nähe roch er ranzig wie ein Grizzly unter dem Arm.
"Ich kann nicht!", sagte Hakan mit gepresster Stimme. Peinlich leise.
Das Queue bewegte sich keinen Millimeter.
"Ich kann!" Daffyd stand auf.
Daffyd, guter Freund, dachte Hakan. Du hast dich geschnitten, wenn du glaubst, du hättest weniger zu befürchten als ich. Sie würden jeden hernehmen für ihren Spaß.
Das Queue blieb, wo es war. Meat Loaf wedelte Daffyd mit einem Wurstfinger vor der Nase als letzte Warnung, die Schnauze zu halten. Dann zeigte der Finger auf Hakan. Er war der Auserwählte.
Hakan nahm das Queue entgegen. Ließ er sich am grünen Tisch verhöhnen, wäre Zeit gewonnen, kostbare Zeit, die Wahib zum Schnallen brauchte. Und vielleicht gäbe ja schließlich der Freak doch noch seinem Herzen einen Stoß. Meat Loaf watschelte voran. Ein gewaltiger Nacken in mehreren Wülsten, ein Rücken so breit wie ein Kingsize-Bett. Weiß schimmerten seine Unterhosen durch die auseinander gezerrten Nähte des Hosenbodens. Dieses Urviech bräuchte nur versehentlich auf ihn zu fallen, Hakan wäre platt wie eine Flunder. Er entschied sich, den Kopf freiwillig auf den Block zu legen. Widerstand würde die Sache nur unsauberer machen, es gäbe mehr Spritzer.
Zu dumm, dass seine Beine so schlotterten. Er konnte sich einen würdigeren Abgang vorstellen. Aber die Beine gehorchten ihm nicht.


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Rezensionen

Der Tagesspiegel, 05. Jan. 2003
s.a. Büchernachlese von Ulrich Karger:

Das Bayram-Fest steht vor der Tür und Hakan muss seinen Vater Rahmi Bey suchen. Während Hakan seit seiner Kindheit im Berliner Wedding aufgewachsen ist und mit seinen Freunden selbstbewußt Pläne für die Zukunft schmiedet, scheint seinem Vater die ihm nach wie vor fremde Stadt jeglichen Lebensmut genommen zu haben. Immer ängstlich, immer auf der Hut und vor allem von nichts eine Ahnung, was Hakan wichtig ist. Wie soll man so einen Vater ernst und sich womöglich gar zum Vorbild nehmen? Und jetzt ist er seit letzter Nacht nicht mehr nach Hause gekommen und die Mutter macht sich Sorgen, was sie den Gästen sagen soll, wenn er zur Feier am Abend immer noch nicht da ist.
Ein Gedicht von Nazim Hikmet aufnehmend, erzählt Kemal Kurt in seinem neuen Jugendroman 'Die Sonnentrinker' sehr einfühlsam von dem Generationenkonflikt hier lebender Jugendlicher mit ihren vormals eingewanderten Eltern. Neben den üblichen Mustern eines 'Keiner versteht mich!' spielen hier noch die für die Eltern meist schwer zu erlernende Sprache, die unterschiedlichen Sitten, das vergleichsweise nasskalte Klima sowie der stets latente Fremdenhass eine Rolle. Hakan und seine Freunde Daffyd und Wahib dagegen besuchen das Gymnasium, verdienen sich in ihrer Freizeit auf dem Potsdamer Platz nebenbei ein wenig Geld mit Break-dance-Vorführungen und planen sogar schon halb im Ernst ein eigenes Programmcafé zu eröffnen - dann, wenn sie in zwei Jahren volljährig sind. Abgesehen von einigen Holpern zu Anfang versteht es Kemal Kurt, Hakans Sicht erstaunlich treffsicher in authentischer Jugendlichen-Sprache zu formulieren und sie der traditionellen Lebensweise gegenüberzustellen. Die Geschichte entwickelt alsbald einen spannungsgeladenen Sog, der einen bis zum Ende gefangen hält.
Die Suche nach dem Vater erlaubt den Blick durch ein faszinierendes Kaleidoskop unterschiedlicher Lebensweisen in Berlin. Schnell wird klar, dass es den Türken und den Deutschen, den Moslem und den Christen nicht gibt. Selbst die unvermeidliche Begegegnung mit Skinheads wird hier mit einer wunderbaren Volte auf den Kopf gestellt. Am Ende hat Hakan nicht nur seinen Vater, sondern auch etwas mehr von sich selbst entdeckt.
Kemal Kurts Art über den eigenen Tellerrand zu schauen, ist dabei voll augenzwinkernder, unaufdringlicher Weisheit, der selbst hartgesottene Berliner Jugendliche erliegen werden - egal woher ihre Eltern sind.
„Die Sonnentrinker“ ist die letzte Buchveröffentlichung von Kemal Kurt. Kurz vor Vollendung eines historischen Kriminalromanes, der ihm auch zum längst verdienten Durchbruch bei der erwachsenen Leserschaft verhelfen sollte, ist er Ende Oktober 2002 einer Krebskrankheit erlegen.


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1000 und 1 Buch, Nr. 4 / Dez. 2002
Christine Knödler

... Und so zieht der Sohn los, auf der Spur eines Vaters, von dem er keine Ahnung hat. Wo er sein könnte. Wer er ist. Bei einer Odyssee, die die drei Jungs quer durch Berlin führt, auf einer langen Reise an einem Tag.
Was sie sehen, konfrontiert sie (und die Leser) mit großen Themen unserer Zeit. Ausländerfeindlichkeit und die Fragen von (religiöser) Toleranz und gesellschaftlicher Realität, von Herrenmenschen und Gutmenschen, von Entwurzelung und Integration. Vom Fremdsein und der Suche nach Identität.
Da starten die Freunde in der Moschee - und diskutieren über den Islam, die Rolle der Frau, über Fundamentalismus und die moderne Türkei. Da treffen sie den lebensklugen Niyazi Kurt, geraten in eine Kneipe voller Skins (ein Resozialisierungsprojekt); sprechen mit Punks - Stationen, die zuvor schon Rahmy Bey angelaufen ist. Fast nichts, was der Autor nicht ausließe. Über Gott und die Welt.
Träume. Die Wirklichkeit. Das Leben. Gelebt und ungelebt. Weiterdenken. Weitergehen. Und schließlich Ankommen. Das ist der Weg, den Kemal Kurt beschreibt. Mit Distanz von außen betrachtet. Ohne jedes Pathos, beinahe nüchtern. Wenn kommentiert, referiert, reflektiert, gezeigt wird. Und das Denken, das Fühlen bei den Lesern bleiben. In einer Vater Sohn Geschichte, die auch eine Geschichte über einen Generationenkonflikt ist, über Vorurteile und enttäuschte Erwartungen - hin zu dem, was ist. (..)
Am Ende entdeckt Hakan in dunkler Winternacht Rahmi Bey auf einer Bank ein Schneemann. Doch Erstarrung und Kälte lösen sich. Rahmi Bey taut auf. Am Ende findet ein Sohn den verlorenen Vater und sich selbst. Am Ende eines langen Tages erzählt Sedar Rahmi Bey einen Witz und der lacht ein zaghaftes Lachen. Noch ungeübt. Aber ein Aus dem Bauch-Lachen. Lebendig und zukunftsweisend.



Neuland, Jugend & Literatur Bulletin, Jan. 2003
Asrtrid Arz

... Die kurzweilige Suche nach dem verlorenen Vater gerät nie zum Rührstück und verrät dabei Wissenswertes über türkisches Leben in Deutschland, darüber, wie es ist, hier zu Lande als Kind von Ausländern aufzuwachsen.
Der kürzlich verstorbene Kemal Kurt, der schon mit seinen fantasievoll fabulierenden Kinderbüchern überzeugte, beleuchtet in seinem ersten Jugendroman ein Stück Zeitgeschichte, mitten aus dem grellbunten, hektischen Hauptstadtleben gegriffen. Unbedingt lesen!



Buchprofile Jg.48/2003, Heft 1
Lili Aignesbergers

... Spannend, aufschlussreich und häufig überraschend. Lesenswert.


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Badische Zeitung / 28.01.2003
Astrid Bischofbergers

... Der Autor erzählt die Multi-Kulti-Geschichte aus der Distanz der dritten Person, womit er den weltoffenen Blick des Erzählers auf die Unterschiedlichkeit der Menschen stilistisch geschickt umsetzt. (...)
Kemal Kurt ist im vergangenen Jahr gestorben.Sein letzter Roman regt die Leser an, Vielfalt als etwas Bereicherndes zu sehen. Nebenbei bewegt er sich sprachlich auf der Höhe der Zeit und hat Witz!



Darmstädter Echo / 10.03.2003
Heidi Germann

Bücher wie dieses müsste es mehr geben. Führt es doch in eine Alltagswelt, die ganz normal ist und doch selten auf so selbstverständliche Weise beleuchtet wird. (...)
`Die Sonnentrinker´ ist das letzte Buch des in der Türkei geborenen Autors, der in Berlin gelebt hat. Er starb im vergangenen Oktober. Sein Buch skizziert auf frische Weise das multikulturelle Jugendleben. Es erzählt flott und ohne Klagen oder Sendungsbewusstsein. Das Buch strahlt Optimismus aus, leugnet jedoch die Schattenseiten nicht. Es ist ein Buch, über das man reden kann - auch in der Schule.



Main-Echo / 26.01.2003
Cornelia Müller

... Mit viel Humor, dabei einfühlsam und mit leisen Tönen weist der Autor Kemal Kurt, der in der Türkei geboren wurde und lange Zeit im Westen lebte, auf eine brisante Variante des Generationenkonflikts hin. Das Buch trägt auf unterhaltsame, packende Art bei, die oftmals schwierige Situation türkischer Familien in Deutschland besser zu begreifen.


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Märkische Allgemeine, 22./23.02.2003

... Kemal Kurts `Die Sonnentrinker´ ist ein weises Buch über Vorurteile zwischen Jung und Alt.



Westdeutsche Zeitung, 01.03.2003
Jürgen Beese

... Hakans Suche, die auch zu einer Suche nach der eigenen Identität wird, hat der Autor Kemal Kurt leicht und tiefgründig zugleich in Szene gesetzt. Das Buch ist temporeich, witzig und unterhaltsam, thematisiert aber auch existenzielle Probleme auf eine nahezu rührende Weise. Äußerst sensibel, dabei locker und humorvoll greift Kemal Kurt den Generationskonflikt auf. Vorurteile und Irrtümer kommen ebenso zur Sprache wie Träume und innige Gefühle. Nebenbei erfährt der Leser einiges über türkische Sitten und Gebräuche und, dass türkisch nicht gleich türkisch und der Islam mehr als der Heilige Krieg ist. Ein einfühlsames Buch voller Wärme und mit Sinn fürs Komische.



Bücherbär, Neue Kinder- und Jugendmedien, 1/2003
cHu

... In packendem Stil wird vom Ausländersein erzählt, von Rassismus, Muslimen und dem Jugendalltag in einer multikulturellen Gesellschaft. Hakan steht mit einem deutschen und einem somalischen Freund für ein tolerantes Miteinander. Mit Witzen gespickt, ist die stellenweise traurige, politische und auf alle Fälle gescheite Geschichte spannend zu lesen und als Diskussionsgrundlage für Jugendliche bestens geeignet.



Eselsohr, Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien, 2/2003
Harald Kiesel

... Sensibel, differenziert, ungeschminkt und humorvoll schildert Kemal Kurt in seinem Jugendroman "Die Sonnentrinker" Generationskonflikte. (...) Sprache und Dialoge der Jugendlichen wirken frisch und authentisch, und so liest sich das spannend, informativ und einfühlsam erzählte Buch über weite Strecken kurzweilig.
(...) Kemal Kurt war ein humanistischer Realist, der die Kinder und Jugendlichen nicht mit Problemen überschütten, sondern sie behutsam für diese sensibilisieren wollte. Dies ist auch der literarische Anspruch von "Die Sonnentrinker". Über seine jungen Leser sagte er:
"Ich will mit ihrer Fantasie spielen, will sie poetisieren und nicht politisieren. Man kann nicht alle Schwierigkeiten bei den Kindern abladen und hoffen, dass sie es als die nächste Generation besser machen werden.


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English

The 14 year old Turkish youth Hakan lives in Berlin-Wedding and has a lot of fun doing breal dance with his best friends Daffyd and Wahib. They dream of opening a rap café for their pier group. But Hakan's depressiv father disappears on the first day of the Sugar Holiday, one of the most holy days of Islam. The three of them search for him in a mosque in Wedding, at a friend's house in Prenzlauer Berg and in a Skinhead dive in Friedrichshain. They go through quite a few dire straits.

Türkce

14 yaşındaki Hakan Berlin'in Wedding semtinde oturmakta, en yakın arkadaşları Daffyd ve Wahib ile birlikte break dance yapmaktadır. Üçü birlikte bir gün bir cafe açmanın düşünü kurmaktadırlar. Ama şeker bayramının ilk günü Hakan'ın ruh hastası babası ortalıktan kaybolur. Üç genç onu Wedding'te bir camide, Prenzlauer Berg'de bir arkadaşının evinde, Friedrichshain'da Skinhead'lerin gitiği bir barda ararlar, başlarından çeşitli maceralar geçer..


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